Vertrauen aufbauen: Wirtschaftsinitiative Mittelstand Main-Kinzig im Dialog mit den Landtagsfraktionen

Kritische Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung im Main-Kinzig-Kreis – Interessante Statements der fünf hessischen Landtagsfraktionen über Lösungen für den Mittelstand

Bundesweit steckt die Wirtschaft in der Rezession, die Ampelregierung in Berlin beschäftigt sich nur noch mit sich selbst, die Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahl auf die wirtschaftliche Entwicklung sind noch nicht absehbar – und auch im Main-Kinzig-Kreis gehen zunehmend die Lichter aus. So jedenfalls ist es in der jüngsten Konjunktur-Umfrage der Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern zu lesen. Demnach verschärft sich die Wirtschaftskrise weiter, die Stimmung hat sich über alle Branchen hinweg deutlich verschlechtert. 28 Prozent der befragten Unternehmen sehen ihre Zukunft als ungünstig an und nur 14 Prozent als günstig an.

„Das ist auch die Rückmeldung unserer Mitgliedsunternehmen. Wir sind bereits im letzten Viertel des Jahres und leider ist ein wirtschaftliches Aufatmen noch nicht in Sicht. Auch wir sehen wie die IHK diese schlechte Stimmung als Alarmsignal für den Main-Kinzig-Kreis“, sagt Kerstin Cieslik-Pfeifer, Geschäftsführerin der Wirtschaftsinitiative Mittelstand Main-Kinzig und ergänzt: „Nach wie vor sind die Herausforderungen für unseren Mittelstand immens. Neben den dauerhaften Kittelbrennthemen wie Überbürokratie, Fachkräftemangel, Lieferkettengesetz und hohe Energiekosten kommen nun noch weitere gesetzliche Verpflichtungen auf den Mittelstand zu, wie die unternehmerischen Pflichten bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung und dem Energieeffizienzgesetz. All das sind zweifellos wichtige Bausteine für die Energiewende, bedeuten aber zusätzlichen finanziellen und personellen Aufwand für viele Mittelständler.“

Wie kommt der Mittelstand wieder auf Wachstumskurs?

Die Wirtschaftsinitiative Mittelstand Main-Kinzig wollte deshalb von den im Hessischen Landtag aktuell vertretenen Parteien wissen, welche Lösungen diese für den Mittelstand anzubieten haben und wie das Vertrauen zwischen Politik und Wirtschaft wieder hergestellt werden kann. Die Wirtschaftsinitiative hatte dazu im ersten Halbjahr nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags der neuen schwarz-roten Landesregierung die Fraktionen befragt, welche Maßnahmen und Vorschläge sie haben, um den Mittelstand wieder auf Wachstumskurs zu bringen und wie die Transformation der Wirtschaft umgesetzt werden kann. Fast wie aus einer anderen Zeit stammen einige Statements zu den im Koalitionsvertrag unter Kapitel 7 formulierten Ziele zur wirtschaftlichen Entwicklung Hessens.

Die CDU-Fraktion will beispielsweise Planungs- und Genehmigungsverfahren umfassend digitalisieren und die Genehmigungspraxis modernisieren. Es soll keine parallelen Antragsverfahren (analog und digital) mehr geben. Bei der Entbürokratisierung setzt die CDU auf den Sachverstand der Industrie, der mittelständischen Wirtschaft, dem Handwerk und den Gewerkschaften und will in einen verstärkten Dialog mit den Akteuren gehen. „Das passt sehr gut zu unserer eigenen, mittlerweile etablierten Gesprächsrunde ‚Politik-Wirtschaft‘, mit dem wir ganz bewusst den Austausch mit politischen Verantwortlichen suchen und praxisnah die Herausforderungen unseres Mittelstands diskutieren“, kommentiert Michael Graf, Mitglied im Vorstand der Wirtschaftsinitiative.

Zur Fach- und Arbeitskräftesicherung brauche es aus Sicht der SPD-Fraktion eine Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. So soll die duale Ausbildung wohnortnah gesichert und Ausbildungsstandorte an Berufsschulen flächendeckend erhalten werden. Der Meisterbrief und vergleichbare Abschlüsse sollen kostenfrei werden. „Dies wurde im 100-Tage-Programm der Landesregierung immerhin bereits gestartet“, so Michael Graf. Den Bürokratieabbau will die SPD quer durch die verschiedenen Ministerien zentral in der Staatskanzlei bündeln und durch einen eigenen Entbürokratisierungsminister bearbeitet lassen.

Die Fraktion der Grünen betont in ihrem kurzen Antwortschreiben, dass die Wirtschaft aus dem Transformationsprozess gestärkt hervorgeht und fordert einen Transformationsfonds von mindesten 6 Mrd. Euro für Hessen, damit alle Unternehmen in Hessen ihr Geschäftsmodell an die globale Transformation angepasst aufbauen können. Mit einer Willkommenskultur mit Willkommenszentrum als One-Stop-Shop als einzige zentrale Anlaufstelle solle zudem der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel behoben werden.

Mittelstand wird von der Politik endlich ernst genommen

Die FDP-Fraktion fordert in ihrem Antwortschreiben an die Wirtschaftsinitiative einen hessischen Normenkontrollrat, dem Praktiker aus den Bereichen Industrie und Handel, Handwerk und freie Berufe, aus den Kommunen, der Wirtschaftskammern und aus Verbraucherschutz angehören sollen. Der Normenkontrollrat soll neue und bestehende Gesetze und Verordnungen auf Praxistauglichkeit prüfen und eine effiziente Rechtsetzung ermöglichen. Beim Fachkräftemangel fordert die FDP eine zentrale Ausländerbehörde und bessere ortsnahe Ausbildungszentren.

Die AfD-Fraktion hat am ausführlichsten auf die Kittelbrennthemen der Wirtschaftsinitiative geantwortet. Sie will beispielsweise die Hessische Bauordnung vereinfachen, um Bauen, auch im Wirtschafts- und Gewerbebau, wieder wirtschaftlich, wettbewerbsfähig und schnell umsetzbar zu machen. Sie fordert ein Ende des EU-Green Deals, da dieser aus Sicht der AfD die Wettbewerbsfähigkeit der in der EU befindlichen Volkswirtschaften zerstören kann. Hohe Energiekosten will die Partei mit der Wiedereinführung der Kernenergie senken. Außerdem solle der Gasbezug aus Russland wieder hergestellt werden, heißt es im Antwortschreiben.

„Ohne all die Vorschläge der fünf Fraktionen im Hessischen Landtag im Einzelnen zu bewerten oder ihre zeitnahe Umsetzbarkeit einordnen zu wollen, bleibt positiv festzuhalten, dass sich alle Fraktionen Zeit für unser Anliegen und unsere Fragen genommen haben,“ unterstreicht Michael Graf die Antworten der Landtagsfraktionen. Und Kerstin Cieslik-Pfeifer betont: „Wir fühlen uns als Stimme des Mittelstands von der Politik ernst genommen und stehen allen Parteien für einen konstruktiven Austausch zur Stärkung des regionalen Mittelstands zur Verfügung. Wir als Wirtschaftsinitiative denken lösungsorientiert. Wir wollen als starke Stimme des regionalen Mittelstands auf Problemfelder hinweisen und als Sparringspartner der Politik Lösungen anbieten.“

Die Wirtschaftsinitiative Mittelstand Main-Kinzig besteht seit 2019. Ihr Ziel ist es, die wirtschaftliche Stabilität und Prosperität der hiesigen Unternehmen sicherzustellen und zu fördern. Unter wi-main-kinzig.de gibt es weitere Infos zur Initiative.